Die Schätzungsmethode des "Zeitreihenvergleichs" wird von der
Finanzverwaltung im Rahmen von Außenprüfungen insbesondere bei Gastronomiebetrieben
zunehmend häufig angewandt. Dabei handelt es sich um eine Verprobungsmethode,
bei der die jährlichen Erlöse und Wareneinkäufe des Betriebs
in kleine Einheiten - regelmäßig in Zeiträume von einer Woche
- zerlegt werden. Für jede Woche wird dann der Rohgewinnaufschlagsatz (das
Verhältnis zwischen Erlösen und Einkäufen) ermittelt. Die Finanzverwaltung
geht davon aus, dass der höchste Rohgewinnaufschlagsatz, der sich für
einen beliebigen Zehn-Wochen-Zeitraum ergibt, auf das gesamte Jahr anzuwenden
ist. Dadurch werden rechnerisch zumeist erhebliche Hinzuschätzungen zu
den angegebenen Erlösen ausgewiesen.
Diese Schätzmethode war Gegenstand einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs
(BFH) vom 25.3.2015. Er hat sie nunmehr nur unter folgenden Einschränkungen
zugelassen:
- Die Durchführung eines Zeitreihenvergleichs setzt voraus, dass im Betrieb
das Verhältnis zwischen dem Wareneinsatz und den Erlösen im betrachteten
Zeitraum weitgehend konstant ist. Es darf nicht zu Änderungen in der
Betriebsstruktur gekommen sein, die Unsicherheiten im Zahlenwerk mit sich
bringen.
- Bei einer Buchführung, die formell ordnungsgemäß ist oder
nur geringfügige formelle Mängel aufweist, kann der Nachweis der
materiellen Unrichtigkeit grundsätzlich nicht allein aufgrund der Ergebnisse
eines Zeitreihenvergleichs geführt werden.
- Ist die Buchführung formell nicht ordnungsgemäß, sind aber
materielle Unrichtigkeiten der Einnahmenerfassung nicht konkret nachgewiesen,
können die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs nur dann einen Anhaltspunkt
für die Höhe der erforderlichen Hinzuschätzung bilden, wenn
andere Schätzungsmethoden, die auf betriebsinternen Daten aufbauen oder
in anderer Weise die individuellen Verhältnisse des jeweiligen Steuerpflichtigen
berücksichtigen, nicht sinnvoll einsetzbar sind. Bei verbleibenden Zweifeln
können Abschläge geboten sein.
- Steht bereits aus anderen Gründen fest, dass die Buchführung unrichtig
ist und übersteigt die Unrichtigkeit eine vom Einzelfall abhängige
Bagatellschwelle, können die Ergebnisse eines korrekt durchgeführten
Zeitreihenvergleichs auch für die Ermittlung der erforderlichen Hinzuschätzung
der Höhe nach herangezogen werden, sofern sich im Einzelfall keine andere
Schätzungsmethode aufdrängt, die zu genaueren Ergebnissen führt
und mit vertretbarem Aufwand einsetzbar ist.
Anmerkung: Der BFH stellt sogleich klar, dass bei einem programmierbaren
Kassensystem das Fehlen der aufbewahrungspflichtigen Betriebsanleitung sowie
der Protokolle nachträglicher Programmänderungen einen formellen
Mangel darstellt, dessen Bedeutung dem Fehlen von Tagesendsummenbons bei einer
Registrierkasse oder dem Fehlen von Kassenberichten bei einer offenen Ladenkasse
gleichsteht und der daher grundsätzlich schon für sich genommen
zu einer Hinzuschätzung berechtigt. |