Der Deutsche Bundestag hat am 9.11.2007 die Reform des Unterhaltsrechts
beschlossen. Der Bundesrat stimmte der Reform am 30.11.2007 zu, sodass die
neuen Regelungen zum 1.1.2008 in Kraft treten. Von dem neuen
Unterhaltsrecht profitieren in erster Linie die Kinder. Sie sind bei einer
Trennung ihrer Eltern besonders schutzbedürftig und sollen deshalb künftig
beim Unterhalt an erster Stelle stehen. Die wesentlichsten Änderungen
zum Unterhaltsrecht werden nachfolgend in Kurzform aufgezeigt:
- Geänderte Rangfolge: Der Kindesunterhalt hat in Zukunft
Vorrang vor allen anderen Unterhaltsansprüchen. Die Unterhaltsansprüche
von Erwachsenen werden demgegenüber nachrangig befriedigt. Vorrang
haben hier alle kinderbetreuenden Elternteile. Sowohl der erste als auch
der zweite Ehegatte, der Kinder zu betreuen hat, aber auch die nicht
verheiratete Mutter (der nicht verheiratete Vater) werden gleich
behandelt. Ebenso schutzwürdig sind Ehegatten bei langer Ehedauer,
da hier über Jahre hinweg Vertrauen in die eheliche Solidarität
gewachsen ist. Dieses Vertrauen bedarf auch nach der Scheidung, wenn die
Kinder aus dem Haus sind, eines besonderen Schutzes. Diese Ehegatten
sollen sich deshalb künftig im zweiten Rang befinden. Der
geschiedene Ehegatte, der nur verhältnismäßig kurz
verheiratet war und keine Kinder betreut, findet sich künftig im
dritten Rang wieder.
Beispiele: Der nach 20 Jahren geschiedene Mann hat aus erster
Ehe zwei Kinder. Seine Frau hat zugunsten von Kinderbetreuung und
Haushaltsführung auf eine eigene Erwerbstätigkeit verzichtet.
Die Kinder stehen kurz vor dem Abitur und die geschiedene Frau findet
nach der Scheidung keinen Arbeitsplatz. Der Mann hat nach der Scheidung
erneut geheiratet und mit seiner zweiten Ehefrau zwei minderjährige
Kinder. In diesem Fall werden nach Abzug des sog. Selbstbehalts des
Mannes zunächst die Unterhaltsansprüche aller Kinder erfüllt.
Falls dann noch Einkommen zur Verfügung steht, müssen erste
und zweite Ehefrau sich das Geld teilen. Sie befinden sich beide im
zweiten Rang. Die erste Ehefrau, weil die Ehe von langer Dauer (20
Jahre) war, und die zweite Ehefrau, weil sie die gemeinsamen minderjährigen
Kinder betreut.
Anders wäre es, wenn die erste Ehe nur vier Jahre gedauert hat und
kinderlos geblieben ist, die Ehefrau aber gleichwohl keiner
Erwerbsarbeit nachgegangen ist und nun keinen Arbeitsplatz findet. Hier
würden wieder die Kinder (aus der zweiten Ehe) erstrangig bedient.
Im zweiten Rang befindet sich die kinderbetreuende zweite Ehefrau. Nur,
wenn nach Erfüllung ihres Unterhaltsanspruchs noch Geld verbleibt,
wird auch der Anspruch der ersten Ehefrau befriedigt. Das Gleiche gilt für
die nicht verheiratete Mutter während der Zeit, in der sie
Betreuungsunterhalt erhält. Das im Grundgesetz verankerte Gebot,
nicht ehelichen Kindern die gleichen Entwicklungsbedingungen wie
ehelichen Kindern zu schaffen, gebietet es, den Betreuungsunterhalt für
alle Kinder im gleichen Rang zu berücksichtigen.
- Betreuungsunterhalt für eheliche und nich teheliche Kinder:
Künftig haben alle Mütter und Väter, die ihr Kind
betreuen, zunächst für die Dauer von drei Jahren nach der
Geburt des Kindes Anspruch auf Betreuungsunterhalt. Dieser
Betreuungsunterhalt ist im Einzelfall zu verlängern, so weit und so
lange dies der Billigkeit entspricht. Maßgeblich sind dabei die
Belange des Kindes. Ab dem Alter von drei Jahren sind - entsprechend dem
Anspruch auf einen Kindergartenplatz - auch die bestehenden Möglichkeiten
der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.
- Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit: Der das Kind
betreuende Elternteil erhält von seinem geschiedenen Ehegatten während
der Zeit der Kinderbetreuung so lange den sog. Betreuungsunterhalt, bis
er durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit wieder selbst für
sich sorgen kann. Zu der Frage, ab wann ein kinderbetreuender Ehegatte
wieder erwerbstätig werden muss, gibt es eine gefestigte
Rechtsprechung. Danach kann dem Ehegatten, der ein Kind betreut, unabhängig
von den konkreten Kinderbetreuungsmöglichkeiten vor Ort, eine
Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden, bis das Kind etwa acht
Jahre alt ist. Ist das Kind zwischen acht und elf Jahre alt, kommt es
auf den konkreten Einzelfall an, ob eine Teilzeittätigkeit
aufgenommen werden muss. Bei einem elf- bis ca. fünfzehnjährigen
Kind ist nach der Rechtsprechung in der Regel eine Teilzeittätigkeit
zumutbar. Erst wenn das Kind ca. 16 Jahre alt ist, muss der
kinderbetreuende Ehegatte eine Vollzeitbeschäftigung aufnehmen.
Aufgrund des neuen Unterhaltsrechts kann von dem kinderbetreuenden
Elternteil durchaus früher als heute die Wiederaufnahme einer
Erwerbstätigkeit erwartet werden, sofern eine Übermittagbetreuung
in der Schule vorhanden ist. Es kommt aber auch hier immer auf den
Einzelfall an, also darauf, ob das Kind einfach oder schwierig ist, ob
es ständige Hilfe bei den Schularbeiten braucht oder sie eigenständig
erledigen kann, ob der Hort nach der Schule problemlos zu erreichen ist
usw.
- Keine unbegrenzte Lebensstandardgarantie mehr: Die Gerichte
erhalten mehr Gestaltungsspielraum, um Unterhaltsansprüche zu
befristen oder der Höhe nach zu begrenzen. Auch die Rückkehr
in den erlernten und vor der Ehe ausgeübten Beruf soll künftig
eher zumutbar sein. Dies gilt selbst dann, wenn damit ein geringerer
Lebensstandard als in der Ehe verbunden ist. Auch hier kommt es aber
immer auf den Einzelfall an, insbesondere auf die Dauer der Ehe, die
Dauer der Kinderbetreuung und die Rollenverteilung in der Ehe.
- Einheitlicher Mindestunterhalt: Das Kindesunterhaltsrecht
wird vereinfacht durch die gesetzliche Definition eines einheitlichen
Mindestunterhalts für minderjährige Kinder. Der
Mindestunterhalt minderjähriger Kinder wird in Anlehnung an den
steuerlichen Freibetrag für das sächliche Existenzminimum
(Kinderfreibetrag) gesetzlich definiert. Der monatliche Mindestunterhalt
minderjähriger Kinder beträgt für die Zeit bis zur
Vollendung des sechsten Lebensjahres (erste Altersstufe) 279 Euro, für
die Zeit vom siebten bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahres
(zweite Altersstufe) 322 Euro, für die Zeit vom 13. Lebensjahr an
(dritte Altersstufe) 365 Euro.
|